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ERIKA KASSNEL-HENNEBERG

Zeitbasierte Medienkunst | Konzept | mehr

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Humanismus reloaded: Ästhetik der digitalen Gesellschaft

Erika Kassnel-Henneberg (*1973) ist eine Konzept- und Medienkünstlerin mit deutsch-rumänischen Wurzeln, deren künstlerische Arbeiten sich intensiv und tiefgründig mit dem komplexen Spannungsfeld zwischen Mensch, Technologie und Gesellschaft auseinandersetzen. In einer Welt, die zunehmend von technologischen Entwicklungen und künstlichen Systemen geprägt wird, stellt sie in ihrem Schaffen die zentrale Frage nach einem neuen Humanismus – einem Humanismus, der inmitten der digitalen Transformationen das Menschliche nicht nur bewahrt, sondern auch neu definiert und weiterdenkt. Dabei reflektieren ihre Werke vor allem den tiefgreifenden Wandel unserer Wahrnehmung, Identität und Erinnerung, die in einer immer stärker digitalisierten Realität kontinuierlich neu verhandelt werden müssen …

Im Zentrum von Kassnel-Hennebergs künstlerischer Praxis steht die kritische Auseinandersetzung mit den weitreichenden Auswirkungen der Digitalisierung auf das menschliche Selbstverständnis und die gesellschaftlichen Strukturen. Ihre Arbeiten hinterfragen, inwieweit der Mensch noch als eigenständiges, autonomes Subjekt existiert, wenn künstliche Intelligenz, Algorithmen und digitale Systeme zunehmend Lebensbereiche beeinflussen, steuern und teilweise sogar verdrängen. Diese thematische Grundlage schafft einen tiefgehenden Diskurs über das Verhältnis zwischen biologischer Existenz und technologischer Erweiterung, der sich in ihrer Kunst auf vielfältige und differenzierte Weise manifestiert.

Kassnel-Henneberg versteht ihre künstlerische Praxis als eine verbindende Brücke zwischen analogen und digitalen Welten. Sie nutzt ein breites und vielseitiges Spektrum an Medien und Techniken, um ästhetische sowie konzeptuelle Verflechtungen sichtbar und erfahrbar zu machen. Hierbei kommen Video, CGI (Computer Generated Imagery), künstliche Intelligenz, Polaroid-Fotografie, Collage und Mixed-Media-Ansätze zum Einsatz. Durch diese bewusste Kombination schafft sie Werke, die sich zwischen Realität und Simulation bewegen, zwischen Dokumentation und Konstruktion, und lädt das Publikum damit ein, ihre eigene Wahrnehmung der Gegenwart, die häufig von digitalen Medien geprägt ist, kritisch zu hinterfragen.

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Intermedialer Diskurs: Analog trifft Digital

Die medienübergreifende Herangehensweise von Kassnel-Henneberg erlaubt es ihr, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen in einem vielschichtigen, komplexen Kontext zu präsentieren. Die Nutzung von digitalen Technologien wie CGI und künstlicher Intelligenz steht dabei nicht nur im Dienst der visuellen Gestaltung, sondern fungiert auch als ein kritisches Werkzeug, um die Mechanismen und weitreichenden Auswirkungen dieser Technologien auf unser alltägliches Leben und unsere Wahrnehmung zu untersuchen. Seit 2022 zählt Kassnel-Henneberg zudem zu den ersten Künstlerinnen im süddeutschen Raum, deren Arbeiten sich thematisch und formal intensiv mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Gleichzeitig verweist die bewusste Verwendung analoger Techniken wie Polaroid oder Collage auf eine Rückbesinnung auf haptische, materielle Aspekte des Kunstwerks und eröffnet so einen spannenden, intermedialen Dialog zwischen Alt und Neu, Analogem und Digitalem …

Ihr künstlerischer Werdegang ist geprägt von einer fundierten und interdisziplinären akademischen Ausbildung. Erika Kassnel-Henneberg studierte zunächst Restaurierung an der Hochschule der Künste in Bern, Schweiz. Dort erwarb sie nicht nur handwerkliche Fähigkeiten und ein tiefes technisches Verständnis für die Konservierung kultureller Artefakte, sondern entwickelte auch ein feines Bewusstsein für die historische und gesellschaftliche Bedeutung von Kunst und kulturellem Erbe. Im Anschluss daran absolvierte sie ein Studium der Interaktiven Medien an der Technischen Hochschule Augsburg in Deutschland, wo sie ihre Kompetenzen im Bereich digitaler Technologien und Medienkunst vertiefte und erweiterte. Diese interdisziplinäre Ausbildung bildet die Grundlage für ihre innovative künstlerische Praxis, die traditionelle und moderne Techniken miteinander verschmilzt und neue Formen der visuellen und inhaltlichen Kommunikation schafft.

Die künstlerischen Arbeiten von Kassnel-Henneberg fanden bereits breite und nachhaltige Anerkennung und wurden in zahlreichen nationalen sowie internationalen Ausstellungen und Medienkunst-Festivals präsentiert. Besonders hervorzuheben ist ihre Einzelausstellung „Uncanny Valley“ in der Neuen Galerie im Höhmannhaus der Städtischen Kunstsammlungen und Museen Augsburg. Diese Ausstellung thematisierte eindrucksvoll das beklemmende Gefühl des Unheimlichen, das entsteht, wenn künstliche Systeme dem Menschen in Aussehen oder Verhalten immer ähnlicher werden. Sie zeigte auf faszinierende Weise, wie Kunst gesellschaftliche Ängste und Hoffnungen in Bezug auf Technologie und Menschsein widerspiegeln und zum Diskurs anregen kann. Zudem wurde ihre Arbeit mehrfach auf dem renommierten FILE – Electronic Language International Festival in São Paulo, Brasilien, gezeigt. Dieses Festival zählt zu den weltweit führenden Plattformen für digitale Kunst und elektronische Medien und unterstreicht damit die internationale Bedeutung und Relevanz von Kassnel-Hennebergs künstlerischem Schaffen. Ihre Präsentationen dort bestätigten ihre Rolle als eine bedeutende Stimme in der zeitgenössischen Medienkunstszene, die sich den drängenden Fragen unserer Zeit stellt.

Für ihr Buchobjekt „Heimat ist anderswo“ wurde Erika Kassnel-Henneberg 2013 mit dem Kunstpreis der Stadt Krumbach ausgezeichnet. Dieses analoge Werk in Form eines bearbeiteten historischen Fotoalbums untersucht tiefgreifend Fragen von Identität, Zugehörigkeit und Ortsbezogenheit. Es reflektiert damit grundlegende gesellschaftliche Themen, die angesichts globaler Mobilität und digitaler Vernetzung von immer größerer Bedeutung sind. Im Jahr 2022 erhielt sie zudem den Kunstpreis des Landkreises Augsburg für ihr Gesamtwerk – eine bedeutende Ehrung, die ihr langjähriges künstlerisches Engagement sowie ihre herausragenden Beiträge zur zeitgenössischen Kunst und Medienkultur würdigt.

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Engagement für die Zukunft: Kunst, Lehre und gesellschaftliche Impulse

Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit engagiert sich Kassnel-Henneberg auch intensiv im akademischen Bereich. Sie ist als Lehrbeauftragte an der Technischen Hochschule Augsburg, der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Freien Kunstakademie Augsburg tätig. In diesen Funktionen vermittelt sie nicht nur fundiertes künstlerisches Wissen, sondern fördert auch den kritischen und reflektierten Dialog über Medien, Gesellschaft und Technik unter Studierenden …

Insgesamt zeichnet sich das künstlerische Schaffen von Erika Kassnel-Henneberg durch eine konsequente, reflektierte und vielschichtige Auseinandersetzung mit den komplexen Herausforderungen und Fragestellungen unserer Zeit aus. Ihr Werk lädt dazu ein, über die Grenzen des Menschseins in einer zunehmend digitalen und vernetzten Welt nachzudenken und eröffnet neue Perspektiven auf Identität, Erinnerung und gesellschaftliche Prozesse. Durch die Verbindung von traditionellen und modernen Medien schafft sie einen innovativen, dynamischen Raum, in dem künstlerische, technologische und gesellschaftliche Fragen auf kreative Weise miteinander verwoben werden – ein zentrales Anliegen für die Kunst im 21. Jahrhundert, die sich immer mehr als kritisches Medium für die Auseinandersetzung mit der Digitalisierung versteht.

So leistet Erika Kassnel-Henneberg mit ihrer Arbeit einen bedeutenden Beitrag zur aktuellen Debatte über die Rolle von Mensch und Technik, über den Erhalt von Humanismus und über die künstlerische Reflexion gesellschaftlicher Umbrüche. Ihre künstlerische Vision öffnet neue Horizonte und zeigt Wege auf, wie Kunst in einer komplexen Welt Orientierung bieten, Fragen aufwerfen und Veränderungen begleiten kann. Mit ihrer interdisziplinären und medienübergreifenden Praxis steht sie exemplarisch für eine zeitgenössische Kunst, die nicht nur ästhetisch beeindruckt, sondern vor allem auch gesellschaftlich relevant ist.

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